(Freitag, 15. Juli 2022)
Mit dem Auto können wir uns heute etwas weitläufiger bewegen und fahren zunächst einige Kilometer südlich von der Hauptstadt zum „Achilleon“. Laut Reiseführer eine der Hauptattraktionen von Corfu - zur Zeit aber eher eine Baustellenbesichtigung mit Eintritt. Das Innere des von Sisi umgebauten ursprünglich venezianischen Sommerhauses in Traumlage wird renoviert und ist daher nicht zugänglich. Es ist nur eine Anmutung des Lebens von Sisi in diesem zum Palast umgebauten Hauses zu spüren, vieles weist auch auf die spätere Nutzung durch Kaiser Wilhelm hin. Vor allem die ziemlich martialische Skulptur des Gottes Achill in Siegerpose, viel zu groß und viel zu „preußisch“ in diesem für sich genommen sehr entzückenden Garten mit Metallspalieren und Natursteinwegen. Der ursprünglich von der Kaiserin gekaufte Achill aus Marmor und liegend, ist auch im Garten zu sehen. Schöner, aber auch kein „besonderer“ Kunstgenuss.
Ich bin froh, es gesehen zu haben. Vielleicht komme ich mal wieder, wenn das Innere wieder zu besichtigen ist. Mehr interessiert hätte mich allerdings eine nicht perfekte und gerne leicht morbide Atmosphäre, die es nach einer Renovierung wahrscheinlich nicht mehr geben wird. So ist es wohl.
Durch viele malerische Dörfer, unter anderem Agii Deka, die optisch wirklich wie aus der Zeit gefallen wirken - und trotzdem eine funktionierende Infrastruktur mit Läden, kleinen Firmen, Snack Bars und Tavernen haben, kommen wir auf unserer Fahrt kurz hinter Strongili an einer Bilderbuchtaverne vorbei. DAS ist es, was jetzt noch gefehlt hat! Ich nenne sie „Paradies am Olivenbaum“ - denn leider gelingt es mir nicht auf Anhieb, den Namen auf dem handgemalten Schild zu entziffern. Der Wirt winkt uns heran und freut sich, dass wir einkehren. Diese Gastfreundschaft und Wärme, die uns entgegen strahlt, rührt uns zu Tränen. Und als wir dann all die Köstlichkeiten auf dem Tisch haben, die von seiner Familie zubereitet wurden - Großmutter schält in der Gaststube die Kartoffeln - weiß ich wieder, WIE gut und aromatisch die griechische Küche schmecken kann. Ein Tomatensalat, der nach Sonne schmeckt, ein Moussaka, das den Duft eines ganzen Olivenhains in sich trägt, ein Fisch, der nach diesem wunderbaren ionischen, salzigen Meer schmeckt. Dazu als Gabe des Hauses leckere Oliven und zum Abschluss Melone und Trauben.
Das Essen, dass alle Sinne anspricht und die Atmosphäre in dieser kleinen Taverne irgendwo in den Bergen von Korfu läßt schwindelt uns vor, dass hier die Welt noch in Ordnung ist. Aber sie erzählt auch eindrücklich davon, worum es eigentlich geht im Leben: Zusammen sein, Familie leben, gemeinsam die tiefen Empfindungen dieses Aufenthalts oder anderer Erlebnisse als Verdoppelung des Schönen zu genießen. All das steckt in diesen anderthalb Stunden an den schattigen Tischen mit Blick auf den Olivenhain. Erfüllt und gestärkt fahren wir weiter. Das werden wir nicht so schnell vergessen.
Unsere Nase führt uns an die Westküste. Jetzt sind wir schon ziemlich weit südlich - nördlich des Limni Korrission Sees und finden einen Traumstrand namens Alonaki, den Roland im Reiseführer für uns entdeckt hat. Hier können wir uns ohne anderen Menschen zu begegnen erfrischen und ausruhen.
Weiter durch die Berge machen wir einen Foto-Stop am Paramona Strand - durchaus ein Geheimtipp - und gelangen nach Pentati. Ein Ort, wie aus dem Bilderbuch.
Und hätten wir nicht so gut gegessen, wären wir in die fantastische Taverne „Bei Chris“ eingekehrt, die von ihrer Terrasse einen Traumblick über die ganze Küstenlandschaft bereit hält. So machen wir auch hier nur einen Fotostop und fahren weiter bis Sinarades. Auf dem lauschigen Dorfplatz genehmigen wir uns eine selbstgemachte Limonade und einen frisch gepressten Organgensaft.
Eigentlich war das schon genug Programm, aber als wir durch Pélekas kommen, entscheiden wir doch, bis zum „Kaiser Thron“, dem sogenannten Sun Set Point der Insel, raufzufahren.
Seinen Namen hat der Aussichtsfelsen daher, dass schon Kaiser Wilhelm dort den Sonnenuntergang genoss und sich regelmäßig - manche behaupten - jeden Abend (!) dorthin fahren ließ. Wir machen einen wundervollen Abendspaziergang noch vor dem großen Ansturm der „Sunset“ Touristen und schauen uns die atemberaubende Terrasse des „Sunset-Hotels“ an. Einige Gäste sitzen dort schon in Erwartung des Sonnenuntergangs, aber wir nehmen den Augenblick in uns auf und fahren müde und überglücklich in
Richtung Acharavi.
Die Rückfahrt führt uns über Gardelades und den „Trompetenpass“. Natürlich prädestiniert für einen Roland-Fototermin! Dieses letzte Highlight rundet den erlebnisreichen und berührenden Tag ab.
Was für eine fantastische Insel. So hatte ich das nicht erwartet. Das ruft nach Wiederkehr.
Nach rund 180 km kommen wir kurz nach Sonnenuntergang in Acharavi an. Der Himmel ist noch rot und mischt sich mit lila über dem Meer. Auf dem eigenen Balkon können wir dieses Farbenspiel zum Ausklang des Tages genießen. Es entspricht dem, was wir empfinden: Fülle, Wärme, Dankbarkeit für diese Reise.
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